Zukünftige Vorteile durch Fremdsprachenlernen vom Kindergarten an
150 PädagogInnen, Eltern und Fachleute erhielten am 11. April im Rahmen eines Sprachensymposiums in Lanzenkirchen wertvolle Informationen über die Bedeutung des frühen Fremdsprachenlernens, über Vorteile der Mehrsprachigkeit an sich und Tipps zur praktischen Umsetzung.
Erstmals wurde das Thema Sprachenlernen umfassend thematisiert - und Kindergärten sowie Schulen in einer gemeinsamen Weiterbildungsveranstaltung angesprochen. Am 11. April 2013 fand in Lanzenkirchen das Sprachensymposium „Mehrsprachigkeit als Ressource" statt, im Rahmen dessen die Vorteile eines frühen Erwerbs mehrerer Sprachen nachhaltig sichtbar gemacht wurden. Welche Vorteile Mehrsprachigkeit für die Gesellschaft bedeutet, und aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse zum Thema Fremdsprachenvermittlung in Schule und Kindergarten wurden in Fachvorträgen eindrücklich dargestellt. Am Nachmittag wurde im Rahmen von Workshops Einblick in die Umsetzung derartiger Ansätze in die Praxis gegeben.
„Sprachkenntnisse bedeuten einen Vorteil am Arbeitsmarkt und auch nur ein Basiswissen von Sprache und Kultur eröffnet schon den Zugang zu einem anderen Land." Damit bringt Landesschulinspektorin Mag. Brigitte Wöhrer die Wichtigkeit eines möglichst frühen Spracherwerbes auf den Punkt.
Europaweit einzigartige Initiative aus NÖ
Die Erfolgsstory der NÖ Sprachenoffensive wurde vom Mag. Franz Maier von der NÖ Landesakademie präsentiert. Sie hat die Förderung des Erwerbs der Nachbarsprachen zum Ziel und ist damit europaweit eine einzigartige Initiative. 15.000 Kindergartenkinder lernen dadurch bereits die Sprache des Nachbarlandes - oft schon bevor sie Englisch lernen. Von großer Wichtigkeit ist die Möglichkeit, dass diese Kinder die begonnene Sprache dann auch in der Schule weiterlernen können. Mittlerweile steht diese Möglichkeit 31.000 SchülerInnen in Niederösterreich offen.
Auszeichnung für besonders qualifizierte PädagogInnen
Ein wichtiger Aspekt des Sprachunterrichtes ist natürlich auch die entsprechende Qualifizierung der damit befassten PädagogInnen. Einfach nur muttersprachlich zu ein und die Fremdsprache zu beherrschen, ist zu wenig. Aus diesem Grund ntwickelte die Pädagogische Hochschule für NÖ einen neuen Lehrgang, „Nachbar- und Migrantensprachen", in dem unter Anderem Methodik, Materialentwicklung, Stimmentwicklung, Akzentreduzierung eine wichtige Rolle spielen. Im Rahmen der Veranstaltung wurde 14 LehrerInnen, die diesen Lehrgang (6 ETCs) erfolgreich absolviert haben, feierlich ihr Abschlusszeugnis durch Vizedirektor der Pädagogischen Hochschule für NÖ, Dr. Norbert Kraker, verliehen.
„Englisch als Arbeitssprache zu beherrschen ist mittlerweile eine selbstverständliche Voraussetzung, Mehrsprachigkeit aber ein großer Vorteil," gibt Mag. Waltraud Haschke, die den Kurs entwickelte, zu bedenken.
Englisch zu können, bedeutet noch nicht, mehrsprachig zu sein
Dass heutzutage alle jungen Menschen Englisch lernen sollten, verstehe sich von selbst, meint Univ. Prof. (em.) Dr. Hans-Jürgen Krumm von der Universität Wien: „Mehrsprachigkeit beginnt aber erst, wenn andere Sprachen dazukommen. Und hier bringen Konzepte wie das Erlernen der Nachbar- und Regionalsprachen oder die Nutzung von Sprachressourcen von MigrantInnen einen großen volkswirtschaftlichen Nutzen." Dabei brachte er ein sehr praxisnahes Sprachenlernen ins Spiel, das nicht einen eigenständigen Sprachunterricht im Focus hat, sondern das das Erlernen einer weiteren Sprache integrativ, im Rahmen anderer Lernprozesse, bevorzugt. Es sei wichtig, eine Sprache perfekt zu beherrschen, so Krumm, aber: „in weiteren Sprachen reicht manchmal schon die Fähigkeit, viel zu verstehen; vor allem verwandte Sprachen lassen sich so leicht erschließen und nutzen."
Training für das Gehirn von klein auf
Fremdsprachenlernen ist gesund - von einem neurowissenschaftlichen Standpunkt aus gesehen, denn es fördert die Intelligenz. Wie das geht, und welche günstigen Effekte das spielerische Erlernen einer anderen Sprache auf die Fitness unseres Gehirnes hat, stellte Dr. Manuela Macedonia vom Max-Planck-Institut für Neurowissenschaften in Leipzig dar. „Für das Sprachenlernen ist das Entwicklungsfenster bei Kindern im Alter zwischen 0 und 5 Jahren von grundlegender Bedeutung, in diesem Alter verändert das Erlernen einer Zweit- oder Fremdsprache die Architektur des Gehirns und schafft nachhaltig die Basis für den Aufbau weiterer Sprachkompetenzen. Nach dem 5. Lebensjahr ist dieses Potential bereits erschöpft und mit 10 Jahren ist die Reifung von Gehirnstrukturen, die Sprachenlernen steuern, nahezu abgeschlossen," so die Forscherin. Anhand von Studien belegte sie auch die Bedeutung von interaktivem, spielerischem Lernen: „Nur etwas zu sehen oder zu hören ist keine geeignete Methode für Kinder, zu lernen. Sie brauchen Interaktionen, parallel etwas zum Angreifen, Sehen, Schmecken, Fühlen... und müssen das Neue in ihre Erfahrungen einbauen können." Macedonia bestätigt somit die in NÖ bereits in der frühen Sprachvermittlung angewandte Praxis als die Richtige: Rollenspiele, gemeinsames Kochen, Formen und Benennen von Gegenständen, Singen und Tanzen u.ä. sind genau die richtigen Ansätze.
Wie, warum, mit wem? - Workshops zur praktischen Umsetzung der Initiativen
Am Nachmittag stand dann die Praxis im Mittelpunkt. Im Rahmen von 4 Workshops wurden verschiedene Aspekte, die für eine erfolgreiche Einführung von Mehrsprachigkeit in Kindergärten und Schulen wichtig sind, diskutiert. Dabei spielten Themen wie „wie lassen sich sprachliche Erfahrungen und Fähigkeiten für das Erlernen weiterer Sprachen nutzen?", das spielerische Erlernen und Experimentieren mit der Fremdsprache, die Wichtigkeit der Einbeziehung der Eltern in den Unterricht, und praktische Ideen zur Umsetzung des Sprachenlernens für alle Altersgruppen eine zentrale Rolle.